Eindrücke aus der Armutsbekämpfung in Peru

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Unser 1. Vorsitzender, Sebastian Leidig, war mit der Genossenschaft Oikocredit in Peru, um die Arbeit von Mikrokredit-Insitutionen und Kaffee-Kooperativen kennenzulernen - und zieht daraus Parallelen und Anregungen auch für unsere Arbeit in Indien.

Die Beziehungen zu den Menschen und die Zusammenarbeit auf Augenhöhe machen für mich den Kern guter sozialer Arbeit und Organisationen aus. Das ist ja schon immer der Kern unseres Ansatzes bei HELGO. Aber es ist mir wieder klar geworden, als ich es auf meiner Reise entlang der Kaffee-Wertschöpfungskette in Peru auch bei Oikocredit erlebt habe.

Die Reise habe ich unabhängig von meiner Arbeit bei HELGO angetreten, aber vieles hat mich an unsere Arbeit bei HELGO in Indien erinnert und inspiriert. Ich habe schon länger privat ein wenig Geld bei Oikocredit also soziale, nachhaltige Geldanlage angelegt und jetzt die Chance bekommen, der Wirkung meiner Investition vor Ort genauer zu verstehen. Oikocredit finanziert mit dem Kapital der Anleger:innen soziale Unternehmen und Kooperativen im Globalen Süden. So kann beispielsweise eine Genossenschaft ihre Kaffee-Kleinbauern direkt nach der Ernte ausbezahlen und durch die Finanzierung von Oikocredit die Zeit überbrücken bis erst nach einigen Monaten der Kaffee nach Europa geliefert und bezahlt wurde.

 

Kinderarbeit ist auch in Peru ein Problem, insbesondere in ärmeren ländlichen Regionen. Der Zusammenschluss in Genossenschaften, eine sozial orientierte Finanzierungspartner wie Oikocredit und Zertifizierungen wie das Fairtrade-Siegel geben den Bäuer:innen ein stabileres und besseres Einkommen, um den Alltag zu meistern. Trotzdem wandern viele Menschen in die Großstädte aus, wo allerdings Jobs und Lebensbedingungen meist erst recht prekär sind. Ganz ähnlich kennen wir bei HELGO die Situation auch in Indien: Viele der von uns bei HELGO unterstützten Familien sind als verarmte Bäuer:innen nach Kolkata in die Stadt gekommen in der Hoffnung auf bessere Jobs - müssen im Extremfall dann aber als Müllsammler ums Überleben kämpfen.

In Peru hat die Kooperative Sol y Café vor diesem Hintergrund eine eigene Schule gegründet. So wollen sie den Kindern der Kaffeebauern Perspektiven lokal in der Region eröffnen. Auf dem Stundenplan steht dort unter anderem auch Wissen zum Kaffee-Anbau in der an die Schule angeschlossenen, kleinen Gärtnerei. Die Initiative hat mich sehr an unsere Idee der "HELGO Bridge School" erinnert, in der wir genauso versuchen unsere Kinder in ihrem besonderen Lebensumfeld abzuholen. Spannend zu sehen, das in ganz anderem Kontext ähnliche Ansätze entstehen. Und wie dieses Schulkonzept ganz gezielt auf die lokalen Gegebenheiten eingeht.

 

Der Austausch mit den Mitarbeiter:innen von Oikocredit und deren Partnerorganisationen hat mir auch Denkanstöße gegeben, was die unterschiedlichen Rollen verschiedener sozialer Initiativen angeht. Oikocredit ist viel mehr als ein reiner Geldgeber für die Partner in Peru, investiert viel in Weiterbildungsangebote und fungiert als langfristiger, vertrauensvoller Partner. Da die Genossenschaft keine Spenden-finanzierte Initiative ist, muss sie aber eine (wenn auch gemäßigte) Dividende für ihre Anleger erwirtschaften und Risiken bei der Vergabe von Krediten abwägen. So müssen Kooperativen etwa bereits eine gewisse Größe haben, bevor Oikocredit mit ihnen zusammenarbeiten kann.

Bei HELGO setzen wir ganz bewusst darauf die ärmsten, benachteiligsten Familien auszuwählen und zu unterstützen. Damit gehen wir auch das Risiko ein, dass mehr "unserer" Kinder die Schule aus verschiedenen Gründen abbrechen, als das bei anderen Familien der Fall wäre. Dank dem Vertrauen und der langfristigen Unterstützung unserer Mitglieder und Spender:innen können wir diese Rolle aber so ausfüllen und damit einen besonderen Beitrag leisten.

 

Ich denke, es braucht die Kombination solcher unterschiedlicher Ansätze und Initiativen - und sowohl HELGO als auch Oikocredit scheinen mir jeweils eine sehr gute Balance zu finden. Als während unserer Reise der Oikocredit "Investment Officer" auf die LKW-Ladefläche springt, um zu einer Kleinbäuerin zu fahren und mit den Kaffee-Experten im Feld diskutiert, fühle ich mich jedenfalls ein bisschen zu Hause und freue mich darauf, demnächst wieder mit unseren Sozialarbeiter:innen in Indien die Familien vor Ort zu besuchen.